Der sprechende Fluß

In frühen Tagen mit so manchem Traum
lief ich zum Fluß die Schiffe schau‘n
und habe glücklich mich gesehn
als deren kluger Kapitän
der Schiff und Mannschaft ungerührt
mit Können durch die Stürme führt.

So verbracht' ich manchen Tag
am Strom, dem heimischen Gestade.
Hab ihm gebeichtet, daß ich ihn sehr mag
und ständig Sehnsucht nach ihm habe.

Der Fluß im abendlichen Scheinen
säuselt leise vor sich hin
er will es gut mit allen meinen
niemand sieht den tiefen Sinn.

Nur der Fährmann, grau an Jahren
schweigsam und im Alter weise
hat den Strom wohl 1000 mal befahren
weiss um des Wassers lange Reise.

Nie hat er nach Ruhm gesucht
war einfach stets in allem Streben
manch Fahrgast hat bei ihm geflucht
ob seines arg vertanen Lebens.

Den Alten konnte dies nicht stören
weil der Fluß in sanftem Rauschen
ihn ständig mahnte zuzuhören
und diesen Platz niemals zu tauschen.

Solch' Weisheit fehlt uns heute sehr
der Fluss strömt wie in frühen Tagen
immer weiter Richtung Meer
und will uns Menschen etwas sagen.

Im Alter jetzt mit einigen Gebrechen
sitz ich am Ufer, schau das Abendlicht
hör das Wasser zu mir sprechen
von Gold durchwoben mein Gesicht:

Laßt meine Wasser sauber fließen
die Vögel ziehen in den Höhn
laßt Blumen in den Auen sprießen
den Adler seine Kreise drehn.

Gewährt den Fischen munteres Schwimmen
dem Fuchs auf seine Mahlzeit lauern
und Biber ihren Bau erklimmen
dann wird die Schöpfung überdauern.

Dem Fährmann gleichsam unbetört
seid eins mit euch und auch in dunkler Höhle
sucht nach dem Hellen in der Seele.
Ihr werdet frei, wenn ihr auf meine Stimme hört.


© Hartmut Otto

Vertonung by @hotssongs
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Zitat von Marlis im Beitrag #3

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Lieber Hartmut,

dir ist mit dem „sprechenden Fluss „ein sagenhaft gutes Werk gelungen.

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Das finde ich auch und wünsche dir ein schönes Wochenende.