Narziss – ein Mythos lebt

Kephisos zwang Leiriope unter seinen Willen
mit ihr seine gierigen Lüste zu stillen.
Aus diesem Akt in des Flusses Moor
ging unser Held Narziss hervor.

Einfach weiter floss der Vater
der Nymphe ließ er das Theater
den Kleinen, ohne väterliches Ringen
allein durch Freud und Leid zu bringen.

Narziss blieb seiner Mutter fremd
im Lieben, Fühlen stark gehemmt.
Keine Nymphe konnt‘ ihm je genügen
„lieber sterben als mit euch Vergnügen“.

Als er an einem Wasser hält
das Spiegelbild ihm sehr gefällt.
Dieses scheint so klar und weich
so das er sich verliebt sogleich.

Er will es küssen, über‘s Antlitz streichen
trotz Mühe kann er es nicht erreichen
ein Schatten in schöner Gestalt
ohne Leben, ein Trugbild halt.

Voller Liebe, will er es berühren
versucht Gespräche mit ihm zu führen
hegt den Wunsch, sich mit ihm zu vereinen
als dies misslingt, fängt er an zu weinen.

Die Tränen, die sprudelnd ins Wasser schießen
lassen die Illusion zerfließen.
Wut treibt den tobenden Süchtigen
sich in aller Strenge zu züchtigen.

Seines eigenen Werkes erbost
findet er schließlich im Tode Trost.

Die antike Legende
ging hier tragisch zu Ende.
Täglich Erfahrung lässt uns wissen
auch heute gedeihen um uns Narzissten.

Die meinen wirklich, sie sind Irgendwer
und machen andern das Leben schwer.
Hast du einen davon auch liebend gern
halt dich von ihnen möglichst ganz weit fern.

© Hartmut Otto