Weiße Rosen im Sommerwind

Erstes Morgengrauen im Garten
Letzte Nebel lösen sich auf
Der Bäcker hat gerade die Brötchen vor der Gartentüre abgelegt

Ich ergehe mich auf den Gartenwegen
Vergeblich suche ich nach der ersten Herbstzeitlose
Auch die Astern lassen noch auf sich warten

Mein Weg führt mich vorbei an reifen Vogelbeeren und Hagebutten
Auch die Schneebeerensträucher tragen ihre weißen Früchte
Über mir fliegt ein Storch im Kreise

Nachdenklich nähere ich mich den weißen Rosen neben der Ligusterhecke
Ich habe ein Weiße-Rosen-Grabgebinde zu fertigen
Mit anthrazitfarbenem Band

Dabei wollte ich mit Dir noch nach Dänemark reisen
Im Spätsommerwind am Ostseeufer segeln
In Fischerhütten übernachten

Du hast Dir die weißen Rosen für den Hochzeitsstrauß gewünscht
Ich sah Dich schon mit Frack und Zylinder vor mir
Aber nun führte Dein Weg schon ins Grab

Die kürzer werdenden Sommertage erfüllen mein Herz mit Wehmut
Dein Platz am Tisch wird niemals anderweitig vergeben werden können
Das Buch von den "Jütländischen Kaffeetafeln" liegt da wo Dein Teller stünde

Ein letzter Sommerwind streicht durch die weißen Rosen
Bald werden die Rosenblätter abfallen
Insgeheim warte ich auf eine Möwe, die mir eine güldene Zuckerzange von Dir bringt

© Karin Stückl