Am blühenden Bahnrain

Ich bin ausgegangen, um Brombeeren zu sammeln
Aber nun hat die Hitze des Augusttages mich müde gemacht
Ich raste aus zwischen Wegwarten und Wicken

Es duftet nach frisch getrocknetem Heu
Aus der Ferne hört man die Glocken von Kühen und Schafen
Ein Bummelzug fährt vorbei

Schmetterlinge und Bienen fliegen um mich herum
Ein Bläuling lässt sich auf den Brennesseln nieder
Ich pflücke einige Beinwellblätter fürs Abendessen

Die vorbeikriechende Schnecke lehrt mich die Langsamkeit
Ich packe ein Buch aus, und lese nach Herzenslust
Die Bügelwäsche zu Hause lasse ich warten

Meinen Fünf-Uhr-Tee gieße ich aus der Thermoskanne ein
Und packe dazu selbstgebackenen Mohnstrudel aus
Ein paar Spatzen picken heruntergefallene Krümel auf

Über mir kreist ein Segelflugzeug
Zahlreiche Schäfchenwölkchen ziehen dahin
Am alten Bahnwärterhäuschen wachsen Disteln und Giersch

Einsam steht ein Birnbaum auf der Bahnwärterwiese
Seine Früchte reifen in der Sonne
Ich träume von einem Birne-Helene-Eisbecher

Der pensionierte Bahnwärter tritt auf den Balkon
Er gießt die üppig blühenden Geranien
Ach, hätte ich nur Geld, um sein Gästezimmer zu mieten

© Karin Stückl