An der Theke

Stammlokal, Pinte, Kneipe, egal, wie es genannt wird, ein schöner Platz ist der an der Theke! Hocker rauf, Füße einklinken, Ellenbogen auf den Tresen stemmen. Getränk ordern. Die Runde sondieren. Handschlag hier, Handschlag da. Kopfnicken dorthin, wohin die Hand nicht reicht.
„Geht’s denn so?“
Rasch rollt ein kühles Blondes an, duftend, mit hoher, weißer Schaumkrone, spült den Durst weg, den Alltagärger runter.
Der Wirt wischt über die blanke Theke, wischt alles fort. Staub, Krümel, Frust, Fingerabdrücke, Zorn, Biertropfen. Männer putzen sich mit dem Handrücken die Schaumbärte ab und schauen verinnerlicht. Reden. Nicht reden. Lachen. Zuhören. Wie es eben kommt. Irgendwann ist immer ein Gespräch im Gang. Über dies und jenes. Autos. Politik. Häuschen. Preise. Schulprobleme...
Kleine Männer breiten kleine Sorgen aus. Für ein Bier lang.
Der Wirt ist auf Draht. Herbert heißt er. Er liebt seine Kneipe, und er hasst Randale. Er hasst es auch, wenn das Bier nicht läuft.
„Noch eins?“
„Na klar, aber dann muss ich los, Familie, weißt schon.“
Runter vom Bock. Tschüs in die Runde.
Der nächste schwingt sich auf den menschenwarmen Sitz.
Schon seht ein Bier vor ihm.
„Bitte schön, wohl bekomm’s.“
In einem Zug runtergekippt. „Ahhh, hatt‘ ich ‚nen Brand!“
Herbert fragt: „Wars’n heute bei dir? Und dabei poliert er Gläser.
Das geht so bis nach Mitternacht.
Herbert spült die letzten Gläser, putzt den Tresen blitzblank, putzt alles, die Tische, den Boden, die Klos.
Dann sitzt er alleine an der Theke und trinkt sein Bier. Jetzt ist Feierabend für ihn. Andere im Haus starten bereits in den Arbeitstag.
Manchmal hat Herbert Glück, dann sieht er einen herrlichen Sonnenaufgang, ehe er schlafen geht.

© Jutta Gornik