Eigentlich hätte sie zum Arzt gehen müssen. Das hatte nicht nur ihre Familie gefordert, sondern auch ihr eigenes Wohlbefinden, aber sie war seit 15 Jahren nicht zum Arzt gegangen, auch wenn sie sich manchmal krank gefühlt hatte. Und, was noch schwerer wog, sie war heute die Einzige, die im Büro war, und die Fahrer würden kommen und die Ware aus dem Lager zusammenpacken müssen, die in die Apotheken weitergeleitet würde. Es musste jemand da sein, der den Schlüssel hatte. Also fuhr sie, wenn auch nicht ganz so früh wie sonst, in die Arbeit. Sie nahm die Lieferungen entgegen und ging ans Telefon, wenn ihr eigenes klingelte. Weitergeleitete Anrufe nahm sie nicht ab. Sie konnte eh kaum sprechen. Manchmal musste sie die Brille absetzen und sich die Augen wischen, weil ihr die laufende Flüssigkeit den Blick verschleierte. Sie ersehnte den Feierabend und war nicht glücklich darüber, als ihr Mann anrief und bat, sie solle noch beim Baustoffhandel vorbeifahren und einen speziellen Putz für seine Baustelle mitbringen. Aber auch das würde sie noch schaffen. Gegen 15 Uhr hörte sie ununterbrochen Sirenen, wenig später das Martinshorn und Feuerwehrsignale. Aber sie konnte nicht orten, wohin sie fuhren. Sie hoffte nur, dass ihr Heimweg nicht beeinträchtigt sein würde. Als es endlich 16 Uhr war, schaltete sie den Computer aus, stieg in ihr kleines, neues Auto und trat erleichtert den Heimweg an. Auf der Hauptstraße standen Feuerwehrsposten, die sie in die nächste Nebenstraße lotsten. Sie folgte den vor ihr fahrenden Autos auf Nebenstraßen, die die Tragflächenhalle, die im Ort für 220 Flüchtlinge errichtet worden war, umfuhren, um dann wieder auf die Hauptstraße zu gelangen. In der Zeitung las sie später, dass im hinteren Teil der Halle ein Feuer ausgebrochen war. Die Ursache war noch ungeklärt, aber die Halle dem Erdboden gleich. 220 Flüchtlinge hatten ihr Heim verloren. Erschöpft und fiebrig traf sie zu Hause ein. Und es war halb so schlimm, dass ihre Küche drei Monate nach dem Umzug immer noch einer Baustelle glich.
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