Glück auf Zeit 468


Kalle war sich einmal mehr bewusst, was für ein Idiot er war. Er hatte alles in seiner Macht stehende getan, um Carmen zu beweisen, wie gern er sie hatte, und doch war sie letztendlich am Sonntagnachmittag wieder nach Bayern gefahren, zu ihrem Markus oder wie dieser Bayerndepp auch immer hieß. Wahrscheinlich würde der sie wieder einwickeln, und Carmen vergaß das gemeinsame Wochenende bald in seinen Armen und seinem Bett.
Dabei hätte es nie soweit kommen müssen, wenn er ihr selbst damals treu geblieben wäre und sich nicht in eine sinnlose Affäre gestürzt hätte, die Carmen dazu bewogen hatte fortzugehen. Ihm war klar, dass sie sich beide verändert hatten. Er hatte sich ziellos treiben lassen, während sie ein neues Glück fand, aber ihn dennoch nicht loslassen konnte. Er sollte sich schon geehrt fühlen, dass sie sich überhaupt mit ihm abgab.
Carmen hatte sich nicht wieder bei ihm gemeldet. Alex und Petra hatten der Termin der Taufe der Zwillinge noch nicht bekanntgegeben, sicherlich aus gutem Grund. Wenn Kalle an seinen Freund dachte, überkam ihm eine rasende Wut. Dieser Kerl hatte eine schöne, verständnisvolle Frau und zwei niedliche Kinder, und trotzdem er sie über alles liebte, betrog er sie, indem er ihr seine Herkunft verheimlichte. Kalle war sich absolut sicher, dass Alex seine Ehe leichtfertig aufs Spiel setzte, indem er Petra die Existenz seines Vaters verschwieg. Aber er ließ sich ja nicht belehren. Alex war immer so sicher, das Richtige zu tun, dabei ahnte er nicht einmal, wie leicht er zu durchschauen war. Aber Alex musste seine Probleme allein lösen. Kalle konnte ihm nicht helfen, weil er mit seinem eigenen Leben nicht zurechtkam.
Und sein Vater hatte ihm immer noch nicht verziehen, was er ihm nicht übelnehmen konnte.
Kalle war allein, nein schlimmer noch. Er war einsam, wenn Carmen nicht mit ihm das Bett teilte. Er sehnte sich nach ihr, doch er konnte es nicht lassen, mit anderen Mädchen ins Bett zu gehen, wenn er Carmen nicht haben konnte. Aber es tat ihm gut, die Augen zu schließen und sich einzureden, dass Carmen neben ihm lag. Letztendlich wusste er, dass er sich selbst genauso betrog wie sein Freund Alex, nur auf einer anderen Ebene.

© Ingrid Hartung