Glück auf Zeit 467


Petra fühlte sich seit langem wieder einmal gut. Sie hatte ihre Kollegen kennengelernt und fand sie sehr nett. Die Zwillinge entwickelten sich prächtig, und Alex war der perfekte Ehemann. Den Kontakt zu ihrer Mutter und Dani hatte sie vollends abgebrochen, dafür ließen sich Stefan und Astrid umso häufiger sehen, und mit Carmen stand sie zumindest in Email-Kontakt.
Natürlich schmerzte sie der Tod ihres Vaters noch immer und wahrscheinlich hatte sie noch nicht begriffen, dass er nie wieder in ihrem Leben auftauchen würde. Aber sie spürte deutlich, dass Alex alles daran setzte, dass es ihr den Umständen entsprechend gut ging. Er kümmerte sich so rührend um das Wohlergehen der Zwillinge, dass sie schon fast ein schlechtes Gewissen bekam.
Doch andererseits hatte sie auch das Gefühl, dass er sich immer mehr von ihr zurückzog. Manchmal kam es ihr vor, als hätte er neuerdings Angst, sie zu berühren. Er schien sich selbst nicht zu mögen. Immer wieder trat ihr die dunkle Szene jenes Abends vor Augen, als Alex den Spiegel im Bad zerschlagen hatte. Weshalb hatte er kein Selbstvertrauen?
Er bemühte sich um die Zwillinge und machte ihr das Leben so leicht wie möglich, und doch schien er zunehmend unsicher zu werden. Erneut kam das ungute Gefühl in ihr auf, dass Alex ihr etwas verheimlichte. Dabei hatte sie ihm nie das Gefühl gegeben, dass er ihr nicht vertrauen konnte.
Petra sah Alex' Gesicht vor sich, nachdem sie letzte Nacht miteinander geschlafen hatten. Er hatte gelächelt und schien glücklich zu sein. Doch dann sagte er plötzlich in gereiztem Ton. "Ich schaffe es einfach nicht, dich glücklich zu machen." Petra hielt ihm den Mund zu und sagte leise. "Ach Alex, warum bist du immer so pessimistisch? Ich liebe dich und ich bin wirklich glücklich." Alex seufzte. "Das wäre zu schön, um wahr zu sein."

© Ingrid Hartung