Glück auf Zeit 283


Alex hatte sich freitags zur Jugenddisco von Andy, dem Barkeeper, im Club als Rausschmeißer engagieren lassen. Das brachte ihm einen zusätzlichen Verdienst ein, den er nicht versteuern mußte. Die restlichen Abende arbeitete er in einer Doppelhaushälfte in Selben, nördlich von Leipzig. Er erhielt dafür kein Geld, doch er würde mit Petra und den Zwillingen dort einziehen und drei Monate lang keine Miete zahlen müssen, weil er einen Großteil Eigenleistung erbracht hatte. Petra gegenüber hatte er nichts verlauten lassen. Es sollte eine Überraschung werden.
Stefan wußte Bescheid, weil er Alex häufig zur Hand ging. Auch die angeblichen Abende im Fitnessstudio
fanden nun in Selben statt. Und Astrid, Stefans Freundin, war auch ins Vertrauen gezogen worden. Als Alex sie zum ersten Mal sah, erinnerte ihn das Mädchen an eine jüngere Ausgabe von Petra. Astrid war klein, schlank, ihre glatten, blonden Haare waren auf Schulterlänge geschnitten, nur ihre Augen waren blau, nicht graugrün wie die von Petra, und sie wirkte, zumindest Alex gegenüber sehr schüchtern. Sie war praktisch veranlagt, und wenn sie mit Stefan zusammen arbeitete, hatte Alex das Gefühl, als wären sie seit langem ein eingespieltes Team.
"Ich weiß gar nicht, wie ich euch beiden danken soll.", sagte Alex zum Abschied. Alle Räume waren gestrichen, und die nächste Aufgabe würde es sein, die Auslegware einzubringen. Stefan hatte Alex ernst angesehen, und dann hatte er beschämt gesagt. "Du mußt dich nicht bei uns bedanken, Alex. Wir haben das gern für dich und Petra getan, und wir werden euch auch weiterhin gern helfen. Aber Alex, du solltest deinen Alkoholkonsum einschränken. Das hat meine Schwester nicht verdient. Mach verdammt nochmal nicht alles kaputt, bloß weil du dich allein gelassen fühlst."
Alex hatte hatte so strengende, vernichtende Worte nicht von Stefan erwartet. Doch in seinem Innersten spürte er, dass Petras kleiner Bruder recht hatte.

© Ingrid Hartung