Glück auf Zeit 199



Alex konnte nicht schlafen. Als er das letzte Mal auf die Uhr geschaut hatte, war es 2.30 Uhr gewesen, und er hatte noch kein Auge zugetan, obwohl sie sich weit vor Mitternacht schlafen gelegt hatten. Sowohl der Kaunertaler Gletscher als auch Markus' BMW hatten ihn tief beeindruckt. Er war hingerissen von der einzigartigen Natur, und er war ein Auto gefahren, von dem er bisher nur geträumt hatte. Aber er war nicht in der Lage, dieses Erlebnis mit jemandem zu teilen.
Während Markus und Carmen Ski gefahren waren, hatten Petra und er sich einen Liegestuhl organisiert und sich auf der Sonnenterrasse der Gipfelstation niedergelassen. Petra hatte die ganze Zeit in einem Buch von Judith Lennox gelesen, das sie in ihren Bann zog, und er hatte stundenlang einfach nur für sich hingedöst. Wahrscheinlich war er zwischendurch auch wirklich eingeschlafen, so konnte er sich wenigstens erklären, weshalb er nachts wach lag.
Er hatte nur ein Gintonic getrunken, schließlich war er der Fahrer. Er verdächtigte Markus, dass er ihm seinen BMW schmackhaft gemacht hatte, weil er mit Carmen Schi fahren und in diversen Hütten einen Drink nehmen wollte.
Als die beiden dann von ihrer Skitour zurückkehrten, wirkten sie ziemlich angeheitert. Alex war wütend, er fühlte sich benutzt. Alle außer ihm hatten Spaß, wobei dieser Gedanke ungerecht war, denn Markus und Carmen konnten nicht wissen, wie ungern er Auto fuhr. Er wollte die Sache schnell hinter sich bringen, deshalb trat er ungestüm auf das Gaspedal. Petra las noch während der Autofahrt das Buch. Markus und Carmen kuschelten auf dem Hintersitz.
Er war froh, als er in Serfaus auf dem Parkplatz angekommen war und aussteigen konnte. Er spürte Markus' strafenden Blick. "Du kannst tatsächlich nicht vernünftig Autonfahren.", hatte er ihm zugeraunt. Du verstehst dich wahrscheinlich nur auf Schrottkisten. Ich hätte es wissen müssen." Alex erwiderte nichts, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. Und er wußte, dass Markus nicht ganz Unrecht hatte. Auch Petra hatte ihm den Vorwurf gemacht, dass er viel zu rasant gefahren war. Sie war sogar soweit gegangen, ihm vorzuwerfen, dass er sie alle in Gefahr gebracht hatte.
Alex hatte das rigoros abgestritten. Er war eben kein guter Autofahrer.

© Ingrid Hartung