Glück auf Zeit 113


Als Kalle das Bewußtsein wiedererlangte, glaubte er, sich auf einem Karussell zu befinden, das sich mit unglaublicher Schnelligkeit drehte. In seinem Kopf hämmerte es, sein Körper war schweißgebadet und schien zu beben. Sein Gaumen fühlte sich trocken an und seine Stirn brannte. Er konstatierte, dass er sich in einem Bett in einem ihm unbekannten, weißgetünchten Raum befand, und er argwöhnte, dass dieser wahrscheinlich ein Krankenhauszimmer war.
Er versuchte, sich zu erinnern, was vorgefallen war, aber bei dem Versuch nachzudenken, schmerzte sein Kopf derartig, dass er es vorzog, sich einfach nur treiben zu lassen. Irgendwann später wollte er den Faden wieder aufnehmen und in seinem Erinnerungsvermögen nach irgendwelchen Anhaltspunkten suchen. Er hatte sich in seinem Leben noch nie so mies gefühlt, obwohl er schon häufig tief gefallen war. Im Moment wollte er lieber tot sein als lebendig, wenn das so weh tat. Er hoffte, dass ihn hier niemand finden würde, aber dieser Gedanke war absurd. Wahrscheinlich würden sie inzwischen überall nach ihm suchen. Früher oder später würde sein Vater in der Tür stehen. Ein eiskalter Schauer durchfuhr ihn. Er war überhaupt nicht in der Lage, irgendeine Auseinandersetzung zu führen. Er wollte in Ruhe gelassen werden.
Er fuhr mit der Hand über sein Gesicht. Seine Stirn war verbunden, auf der Wange klebte ein dickes Pflaster, sein Kinn fühlte sich aufgeschwemmt an. Sein Körper schien vor Schmerzen zu schreien. Er hatte nur ein Bedürfnis, das zu schlafen.

© Ingrid Hartung