Der Clown im azurblauen Frack

Heute war sein freier Nachmittag
Ganz allein stand er in der Manege
Fasziniert betrachtete er sein Spiegelbild

Lange hatte er auf diesen azurblauen Frack gespart
Er träumte davon, zum Zirkusdirektor aufzusteigen
Auch bei einem Clown würden Kleider Leute machen

Azurblau war immer seine Lieblingsfarbe gewesen
Und Fräcke ließen ihn von rauschenden Ballnächten träumen
Einmal im Luxushotel statt im Zirkuswohnwagen zu nächtigen, das wäre es

Er sah sich schon auf den Gästelisten allerfeinster Paläste stehen
Als heiß begehrter Tanzpartner Wiener Walzer tanzen
Und als Modell im Atelier eines Porträtmalers sitzen

Am liebsten würde er mit einem Luxusdampfer verreisen
Den Duft der großen, weiten Welt atmen
Auf Tournee durch berühmte Manegen gehen

Sterneköche und Sommeliers würden für sein leibliches Wohl sorgen
In den Hotelwäschereien würde er Trinkgelder verteilen
Immer von Fotografen und Autogrammjägern verfolgt sein

Er hörte schon die Nähmaschinen namhafter Clownmodeschneidereien rattern
Und er sah sich auf dem Laufsteg einer Clownmodenschau
In den Bibliotheken würde man seine Biographie geradezu verschlingen

Da hörte er von draußen die Seiltänzerin nach ihm rufen
Der Apfelpudding und der Tee seien angerichtet
Er habe seinen Tischdienst wohl vergessen

© Karin Stückl