Reinholdi

Wir schreiben das Jahr 1997. Wie jedes Jahr im Oktober fand im Lagenser Ortsteil Pottenhausen der in ganz OWL bekannte Reinholdimarkt statt. Fahrgeschäfte, Buden und das Festzelt lockten wie immer tausende von Besucher an. In einem Haus direkt neben dem Markt wohnte eine Witwe mit dem Namen Irmgard Waltraud Gertrude von Spitz. Da ihr Mann früh verstorben war, bekam sie nur eine kleine Rente und suchte immer nach Gelegenheiten, diese aufzubessern. Darum freute sich die Rentnerin jedes Jahr auf Reinholdi. Ihr Grundstück war von Büschen, Sträuchern und Bäumen umgeben. Da die Lipper sparsam sind und besonders die Männer den Vorteil haben, dem kleinen Mann mal schnell die große Welt zu zeigen, gingen sie häufig für ihr Bedürfnis nicht auf die Toilette. Mal eben schnell in die Büsche, da brauchte man nicht anstehen und es war billiger – meinten sie. Doch da hatten die Männer ihre Rechnung ohne Irmgard Waltraud Gertrude von Spitz gemacht! Die stand nämlich wie ein Fels in der Brandung zwischen ihren Büschen und Bäumen. Nicht einfach so!

In der einen Hand hielt sie eine Gartenschere in der anderen ein Schild auf dem stand mit riesigen Buchstaben geschrieben: Einmal pinkeln 2 DM! Ganz klein darunter: Wer nicht zahlt – schnipp und ab!

Am Dienstag nach dem Volksfest machte sich Irmgard Waltraud Gertrude von Spitz mit dem Fahrrad gut gelaunt auf den Weg nach Lage. Auf dem Gepäckträger ein Korb mit zwei großen Säcken darin. Plötzlich wurde sie von einem Streifenwagen angehalten. Die beiden Polizisten stiegen aus und der eine sagte: „Gute Frau, aus dem einen Sack fallen Münzen. Woher haben Sie so viel Kleingeld und wohin wollen Sie?“ Die Rentnerin bekam einen roten Kopf und erklärte den Polizisten woher sie das Geld hatte und das sie es zur Bank bringen wollte. Die Beamten lachten Tränen. „Das muss sich ja gelohnt haben!“, meinte der Polizist von eben. „Der zweite Sack ist ja noch größer als der erste.“ Irmgard Waltraud Gertrude von Spitz wäre am liebsten im Boden versunken. „Ja wissen Sie, da ist kein Geld drin – es wollte eben nicht jeder bezahlen!“

© Kurt von der Heide