Morgengrauen

Der Zug verließ den Bahnhof, fuhr mit mäßiger Geschwindigkeit durch den letzten Außenbezirk der Stadt und nahm dann Fahrt auf. Es war ein trüber, feuchter Morgen. Über dem freien Gelände lastete schwer wie eine große Glocke der Dunst und nahm die Sicht.

Er würde pünktlich die nächste Station erreichen, dachte der Lokführer, als sich seinen aufmerksamen Augen in der Ferne eine Bewegung mitteilte und ihn in Alarmbereitschaft versetze. Nach einer Weile jedoch meinte er, einer Täuschung erlegen zu sein. Aber dann sah er, wie sich aus dem Dunst eine menschliche Gestalt zu schälen begann. Sie kam im Gleisbett zielgerichtet auf den Zug zu. Erkennen und Handeln wurden eins. Die in Not gebremsten Räder kreischten wie Schreie.

Ein unbeschreibliches Grauen erfasste den Mann im Führerstand. Er wusste, der Zug würde nicht rechtzeitig zum Stehen kommen.

© Jutta Gornik