Er stand in einem Gartencenter im Regal und schaute freundlich auf die vor ihm herwandernden Kunden. Als ich ihn entdeckte, durchfuhr mich ein heißes Verlagen. Ihn, genau ihn, wollte ich haben, um jeden Preis. Ich war nicht die einzige Bewunderin. Auch andere hatten den Bären-Beau in seiner grünen Latzhosen und mit den Sonnenblumen in seinen Bann gezogen. Es war daher ratsam, einen Kauf zügig in trockene Tücher zu bringen. Ich machte mich nach Verkaufspersonal auf die Suche. Noch während ich einer Beschäftigten des Hauses meinen Wunsch äußerte, tat es einen Schlag. Mir blieb fast das Herz stehen. Der Bär, der mein Herz erobert hatte, lag zerbrochen auf dem Fußboden. Verantwortlich dafür war eine mittelalterliche Dame, die mir zuvorkommen wollte, und das Prunkstück aus dem Regal hob. Es entglitt ihren Händen. Nun war der Boden bedeckt mit vielen kleinen und großen Teilen. Auch der Kopf des Bären hatte arg Schaden genommen. Es war ein Bild des Jammers, wie der Bewunderte von eben so plötzlich zum trostlosen Haufen geworden war. Das Verkaufspersonal strömte herbei und sah fassungslos das Zerstörungswerk an. Die Verursacherin erging sich in Entschuldigungen, machte sich dann aber eilig aus dem Staub. Derweil begab sich der Geschäftsführer höchstpersönlich an das Zusammenkehren der Bruchstücke. Ob ich die Teile kaufen könne? Der Mann sah mich entgeistert an. „Was wollen sie denn mit dem Müll anfangen?“ „Ich kenne jemanden, der den Bären vielleicht wieder heile machen kann.“ „Das glaube ich nicht“, antwortete mein Gegenüber und leerte die Kehrichtschaufel in eine Plastiktüte. Das tat er noch zwei weitere Male. Dann reichte er mir die Tüte. „Versuchen sie ihr Glück!“ „Was möchten sie dafür haben?“ „Ein Lächeln“, sagte er und verschwand.
Bernhard breitete die Teile, die einmal ein verführerischer Bär gewesen waren, auf dem Tisch vor sich aus. Lange sagte er nichts. Und dann: „Ich werde es versuchen, aber sei nicht traurig, wenn es nicht gelingt. Es sind ja nur noch Trümmer!“ Ich war zuversichtlich, denn Bernhard war ein begnadeter Reparierer. Es gingen viele Wochen ins Land. Einige Bruchstücke waren nicht mehr zu verwenden und mussten passgenau ergänzt werden, andere waren nur noch Splitter. „Gips“, murmelte Bernhard. Eines Tages dann war aus den vielen Teilen wieder ein schmucker Bär geworden. „Ist noch lange nicht fertig!“, meinte Bernhard. „Ich muss ihm noch eine neue Tatze machen. Das wird nicht einfach sein. Danach gehe ich an die Bemalung.“ Wie viele Stunden Bernhard aufbrachte, um meinen Liebling in neuer Schönheit erstehen zu lassen, weiß ich nicht zu sagen. Jedenfalls stand der Bär eines sonnigen Morgens auf dem Gartentisch und begrüßt mich, heil und aus dunklen Knopfaugen funkelnd. Alle, die ihn bei uns zu Gesicht bekommen, bewundern ihn. Ich bedauere sehr, dass Bernhard ihre Lobesworte nicht mehr hören kann.
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