Irgendwie hatte es Kalle geschafft, nach Berlin zu kommen, und er war auch pünktlich eingetroffen. Die ersten Tage waren wie ein Film abgelaufen, in dem er eine Nebenrolle spielte. Sein Körper gehorchte, aber sein Geist schien auszusetzen. Er war nicht bei der Sache. Doch Alex hatte recht gehabt, Kalle war fit. Beim Ausdauerlauf war er sogar der Beste und auch in den anderen Disziplinen erzielte er Ergebnisse, mit denen er immer unter den ersten Zehn lag. Immerhin hatte er 55 Mitstreiter. Und aufgrund seiner Leistungen und seiner Größe war er recht beliebt. Er gehörte zum Kern der Truppe. Eigentlich konnte er zufrieden sein. Aber er haderte mit sich selbst. Er hatte sich vor Carmen und ihrem neuen Liebhaber blamiert. Er hatte sich lächerlich gemacht. Er fühlte noch den Blick von Carmens rehbraunen Augen auf sich gerichtet, der bestenfalls Mitleid und schlimmstenfalls Hass ausdrückte. Und er hatte es tatsächlich geschafft, sich vor ihrem Lover zu erniedrigen. Warum hatte er sich nur mit Drogen vollgepumpt? Weil er Angst hatte, zuviel zu verlieren, wenn er ihr als der gegenübertrat, der er war. Er fragte sich, wer er überhaupt noch war ohne Drogen, ohne Alkohol und ohne Zigaretten. Wenn er ehrlich war, konnte er sich nicht vorstellen, wie er dann sein würde. Ob er ein besserer Mensch wäre? Ihm war jedoch bewußt, dass er mit seiner, wie er sich beschämt eingestehen mußte, Abhängigkeit zu diesen angeblichen Heilmitteln ein schlechter Mensch war. Er war genußsüchtig, arrogant und egoistisch. Und ein Teil von ihm wollte sich genauso präsentieren. Deshalb hatte er mit seinem Vater gebrochen und ihn als gemeinen Heuchler abgestempelt. Allmählich wurde ihm klar, dass er seinem Erzeuger nicht verzieh, dass er mit Marika ein gutes, zufriedenes Leben führte, während er selbst es einfach nicht schaffte, sein Leben in den Griff zu bekommen. Er hatte Alex' Großzügigkeit schamlos ausgenutzt. Carmen würde Alex sicher erzählen, dass er bei ihrer Begegnung zugedröhnt war. Es trieb ihm die Tränen in die Augen, wenn er sich vorstellte, wie enttäuscht sein Freund war. Er hatte Alex hoch und heilig versprochen, nie wieder Drogen zu nehmen. Er nahm sich vor, Alex demnächst einen Brief zu schreiben und sich zu entschuldigen. Kalle wußte, dass er viele Fehler gemacht und die Menschen enttäuscht hatte, die er am meisten liebte. Doch er hoffte, dass er manches vielleicht wieder in Ordnung bringen konnte, wenn er bewußter lebte und sich auf seine Leistungsfähigkeit statt auf seine Genusssucht konzentrierte. Vielleicht konnte er dann auch irgendwann später einmal Carmen wieder unter die Augen treten, als Mann und nicht als Chaot. Und wenn er genug Abstand gewonnen hatte, konnte er sich vielleicht sogar mit seinem Vater versöhnen.
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