Glück auf Zeit 122


Kalle zog wieder bei Alex ein, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde. "Ich verspreche dir auch, keinen Stress zu machen. Ich bringe keine Weiber mit in die Wohnung, und ich werde mich bemühen, Ordnung zu halten.", gelobte er feierlich. "Ist schon gut, Kalle", gab Alex resigniert zurück, weil er wußte, wie sehr er Kalle enttäuschen mußte, wenn er ihm von seinen Plänen erzählte, die ihn an Weihnachten und Silvester weit von Kalle entfernten. "Willst du nicht wenigstens das Weihnachtsfest mit deinem Vater und Marika verbringen? Ihr seid doch eine Familie.", fragte Alex. "Das wäre das Allerletzte, wobei ich gegen Marika nichts einzuwenden habe. Aber meinen Vater hasse ich wie die Pest. Er ist einfach der letzte Mensch, den ich zum Weihnachtsfest sehen möchte." Kalle wandte sich angewidert ab. Alex ergriff Kalles Schulter. "Kalle, versuch doch, ihm zu verzeihen. Er ist kein schlechter Mensch. Ihr seid euch nur so verdammt ähnlich. Deshalb geratet ihr ständig aneinander." Alex unterbrach sich kurz und räusperte sich. "Kalle, ich werde von Heiligabend bis nach der ersten Januarwoche nicht hier sein." Kalle wandte sich um und blickte seinem Freund fest in die goldbraunen Augen, die ihm undurchdringlich schienen. "Wo bist du denn?", fragte Kalle gereizt. Alex senkte betroffen den Blick. "Mein Gott, ich kann dich nicht anlügen, Kalle. Am Heiligabend und am 1. Feiertag bin ich bei Petras Eltern. Die nächsten beiden Tage habe ich mit Petra ein Zimmer im Fichtelgebirge gebucht und anschließend fahren wir...", Alex hielt kurz inne und schluckte. "Ich meine Petra, Carmen, Markus und ich nach Serfaus zum Wintersport." Nun war es heraus. Alex atmete tief durch. Kalle goß sich resigniert einen Whisky ein. "Du fährst mit Carmen Ski?" Er grinste herausfordernd. "Mit meinem Mädchen..." Er erhob sich und blickte Alex feindselig an. "Kalle, du hast da etwas mißverstanden.", stammelte Alex unsicher. "Ich bin mit Petra dort. Carmen hat ihren neuen Freund Markus dabei. Ich kenne ihn noch nicht. Außerdem weißt du, wie Carmen zu mir steht. Sie wird mich pausenlos aufziehen, weil ich nicht Ski fahren kann und zugenommen habe, was weiß ich noch alles. Ich weiß wirklich nicht, wie du mit diesem Mädchen klar gekommen bist. Mir graut es schon davor." Alex winkte ab. Kalle trat einen Schritt auf seinen Freund zu. "Du hast eben das Pech, dass du mein Freund bist. Carmen hasst mich wahrscheinlich so sehr, dass sich dieser Hass auch auf dich überträgt."
Alex ließ sich auf die Couch fallen. Er streckte die Arme aus. Kalle ergriff die rechte Hand seines Freundes und drückte sie fest an sich. "Alex, ich wünsche euch einen tollen Urlaub, wenn ich nur hier bleiben darf. Ich verspreche dir, keinen Scheiß zu machen. Ich bin darüber hinweg, dass Carmen einen neuen Freund hat. Du wirst mir doch erzählen, was er für ein Typ ist? Vielleicht hat er ja auch gewisse Schwächen..." Alex goß beiden Whisky nach. "Ich werde versuchen, Carmen die Augen zu öffnen." "Prost!", sagte Kalle kaum hörbar und Alex spürte die Traurigkeit seines Freundes.

© Ingrid Hartung