Glück auf Zeit 81


Alex, der gerade bei einem Glas Bier, einer Tafel Nußschokolade und einer Tüte Chips in einen Fernsehkrimi vertieft war, hörte es unterschwellig klingeln. Er ging zur Tür und öffnete sie. Er war erstaunt, denn es war erst Donnerstag, und erfreut zugleich, als Petra vor ihm stand. Er wollte sie in seine Arme schließen, doch sie stieß ihn von sich. "Alexander!" Er zuckte zusammen, das war, soweit er sich erinnern konnte, das erste Mal, dass sie ihn mit seinem vollen Vornamen ansprach. Gleichzeitig kamen ihm sofort Kalles Worte ins Bewußtsein 'Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Lügen haben kurze Beine.' Doch ehe er etwas erwidern konnte, schrie Petra. "Glaubst du nicht, dass du mir eine Erklärung schuldig bist?" Er umarmte sie sanft und zog sie auf den Flur, um die Wohnungstür schließen zu können. Er wollte keine erneute Rüge von den anderen Mietern, die sich nach dem Tag seines vorsätzlichen Besäufnisses über die Lautstärke der Musik bis in den frühen Morgen hinein beschwert hatten.
Alex wußte genau, dass Petra von der Kündigung erfahren hatte, aber er hatte nicht die leiseste Ahnung woher.
Doch Petra klärte ihn sofort auf. "Ich habe mich unsterblich vor deinen Kollegen blamiert, als ich vorhin in deinem Betrieb nach dir gefragt habe und mir gesagt wurde, dass du schon vor zwei Wochen gefeu.., nicht mehr dort arbeitest.", verbesserte sie sich rasch. "Und was noch viel schlimmer ist, du hast mich belogen! Zumindest hast du mir nicht die Wahrheit gesagt. Ich kann es einfach nicht fassen, Alex. Du belügst mich. Warum?" Petra war noch nie zuvor ihm gegenüber so laut geworden, und es war das erste Mal, dass er eine Ähnlichkeit zwischen den Schwestern entdeckte. "Petra", er zog sie fest an sich heran. "Ich wollte einfach nur nicht als totaler Versager dastehen. Ich habe doch bei deiner Familie sowieso schon schlechte Karten." Petra befreite sich aus seiner Umklammerung und schüttelte energisch den Kopf. "Weißt du Alex, manchmal benimmst du dich wie ein kleiner, dummer Junge!" Sie war immer noch wütend auf ihn. Alex sah sie mit seinen goldbraunen Augen treuherzig an. "Ich bin aber kein kleiner, dummer Junge.", sagte er trotzig und begann, ihre Bluse aufzuknöpfen. "Ich bin ein Mann." Er küßte sie leidenschaftlich auf den Mund, ehe sie etwas erwidern konnte. Sie gab sich geschlagen.

© Ingrid Hartung