Carmen wurde erst gegen 10 Uhr in einem der Archive der Unibibliothek erwartet, wo sie eine Durchsicht vornehmen sollte. Sie hatte die Zeit davor genutzt, ihren Gynäkologen aufzusuchen, der ihre Vermutung bestätigte. Carmen war in der 7. Woche schwanger. Ihre letzten Zweifel waren damit aus dem Weg geräumt, und ihr kam schmerzlich zu Bewusstsein, dass sie nun auch Kalle und ihre Eltern darüber informieren musste. Ihr Leben würde sich von Grund auf ändern. Das Literaturstudium, dass sie nach der Lehre angestrebt hatte, war in weite Ferne gerückt. Und das Schlimmste war, sie ahnte nicht einmal, wie Kalle auf die Nachricht reagieren würde. Sie kannte zwar seine Einstellung, dass er heiraten und Kinder haben wollte, aber sie wusste auch, wieviel ihm seine Freiheit bedeutete. Sie stand an der Straßenbahnhaltestelle und blickte um sich. Der Herbstwind fegte die bunten Blätter von den Bäumen im Park davon. Würde er auch ihre Liebe mit sich nehmen? Nervös trat sie von einem Bein aufs andere. Endlich kam die Straßenbahn, die glücklicherweise um diese Zeit nicht mehr so überfüllt war. Carmen stieg ein. Auf einem Sitzplatz gewahrte sie Katrin, eine ehemalige Schulkameradin. Sie begrüßte sie und setzte sich auf den Sitz davor. "Hallo Carmen!", rief Katrin erfreut. "Na, wie geht's?", "Ach, ganz gut.", er widerte Carmen knapp, in der Hoffnung, Katrin merkte ihr die innere Unruhe, die von ihr Besitz ergriffen hatte, nicht an. "Ich fahre ins Uniarchiv.", erklärte Carmen. "Ich habe heute frei. Ich will mal shoppen. Ich brauche mal wieder ein paar neue Klamotten, weißt du." Katrin hielt inne. Ihre Stimme würde leiser, als sie fortfuhr. "Sag mal, bist du eigentlich noch mit Kalle zusammen?" Carmen erschrak. Fiel es etwa den Anderen schon auf, dass in ihrer Beziehung etwas nicht stimmte? "Ja, wieso?", fragte sie. Katrin zögerte. Sie fuhr sich verlegen durchs Haar, ehe sie weitersprach. "Weißt du, er war gestern im Club und hat eine ganze Weile mit so einer blonden, pummeligen Tussy getanzt, ziemlich eng und geknutscht haben sie sich auch. Es war einfach widerlich." Sie verstummte. "Es tut mir Leid. Das hätte ich dir vielleicht nicht erzählen sollen. Aber mach dir nichts draus. Kalle hat dich sowieso nicht verdient. Er ist sowas von eingebildet. Und weißt du, wenn's dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis tanzen." Katrins Hand berührte schuldbewusst Carmens Schulter. Carmen starrte auf den Boden, damit niemand sah, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Sie erhob sich. "Ich muß jetzt aussteigen, tschüss." Sie begab sich schwankend zur Tür und hörte nicht mehr, wie ihr Katrin"Bis bald, Carmen", nachrief. Sie war bewusst eine Haltestelle zu früh ausgestiegen. Sie war froh, als sie frische Luft schnappen und sich die Beine vertreten konnte. Dennoch dachte sie unablässig an Katrins Schilderung und an Marikas Worte, die ihr heute Morgen am Telefon gesagt hatte, dass Kalle die ganze Nacht nicht Zuhause gewesen war.
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