Der Winterzauber

In einem kleinen Dorf, umgeben von schneebedeckten Bergen, lebte Frau Müller. Sie war eine ältere Dame, die allein in einem grossen, alten Haus wohnte. Früher hatte sie den Winter geliebt, die Schneeballschlachten mit ihren Kindern und die gemütlichen Abende am Kamin. Doch nun, im hohen Alter, war der Winter für sie zu einer Herausforderung geworden.

Jeden Morgen, wenn sie aus dem Fenster schaute und die weisse Pracht sah, seufzte sie. Der Schnee bedeutete für sie nur noch Mühe und Kälte. Das Schippen der Einfahrt war eine Aufgabe, die sie kaum noch bewältigen konnte, und die eisigen Temperaturen liessen ihre Gelenke schmerzen.

Eines besonders kalten Morgens, als der Schnee wieder einmal in dicken Flocken vom Himmel fiel, hörte Frau Müller ein Klopfen an ihrer Tür. Es war Tim, der junge Nachbarsjunge, der immer ein Lächeln auf den Lippen hatte. „Guten Morgen, Frau Müller!“, rief er fröhlich. „Ich habe gesehen, dass es wieder viel geschneit hat. Darf ich Ihnen beim Schneeschippen helfen?“

Frau Müller war überrascht und gerührt. „Das wäre sehr lieb von dir, Tim. Ich weiss nicht, wie ich das alleine schaffen soll.“

Tim machte sich sofort an die Arbeit, und während er den Schnee beiseite schaufelte, erzählte er Frau Müller von seinen Abenteuern im Schnee. Seine Begeisterung war ansteckend, und Frau Müller konnte nicht anders, als zu lächeln. Sie erinnerte sich an die Freude, die sie einst im Winter empfunden hatte.

Als Tim fertig war, lud Frau Müller ihn auf eine heisse Schokolade ein. Sie sassen zusammen am Kamin, und Frau Müller erzählte ihm Geschichten aus ihrer Jugend. Der Winter draussen war kalt und unbarmherzig, aber drinnen, in der Wärme des Hauses und in der Gesellschaft eines freundlichen jungen Mannes, fühlte sich Frau Müller wieder jung und glücklich.

© Gabriella Dietrich, 22.11.2024

Anmerkung der Autorin: Mir war irgendwie langweilig, stecke, wie manchmal ab einem gewissen Alter im Winterblues. Man weiss ja allgemein hier, wie ich die Wintermonate hasse. Nun habe ich mich entschieden, es auf diese Weise anzugehen. Vielleicht kennt Ihr ja solche Situationen auch, könnt es nachempfinden und mit mir ein paar Erfahrungen von Euch teilen?