Wenn der Sommer geht

Ich bin so traurig,
wenn der Sommer geht,
ganz leise wie er kam.
Mir ist, als kam gestern erst,
dabei ist es schon lange her.

Noch spüre ich den linden Wind,
der zärtlich streichelnd wiegt,
der diese feine Prickeln bringt,
das jedes Herz beschwingt
mit dem Gefühl, als ob du fliegst.

Wie war der Himmel weit.
Wie war er endlos blau.
Kein Wölkchen zog darüber hin.
Nur Möwen kreisten schwerelos.
Und manchmal lachten sie ganz laut.

Auf Wellen spielte Sonnenschein
mit Glitzerperlen ohne Zahl,
warf funkelnd Gold auf jedes Boot
das weiß und stolz vorüberzog,
als sei es auf der Jungfernfahrt.

Voll bunter Tupfer war der Strand
Die Mädchen liefen drüber her.
hochbeinig und fast hüllenlos
mit windverwehtem Haar,
auf dem es golden blitzte.

Welch süßen Duft verströmte der Jasmin
ganz heimlich in mein Schlafgemach.
Wie prächtig hing am Rosenstrauch
der vollen Blüten schwere Last
blutrot vor weißer Häuser Wand.

Zikaden zirpten ihr ewiges Lied
hinaus in das Flirren der Glut.
Sie zirpten endlos von Liebe.
Sie zirpten endlos von Glück,
bis dass der Tag verstrich.

Die Tage waren lau und lang,
die Nächte weich wie Samt,
zum Greifen nah die Sterne.
Und über schwarzen Wellenkamm
floss silberhell des Mondes Pfad.

Ich bin so traurig
wenn der Sommer geht,
in jedem Jahr und immer mehr,
denn wenn der Sommer geht,
geht auch ein Stück von mir.

© Jutta Gornik