Glück auf Zeit 431


Kalle war stolz darauf, alles in seiner Macht stehende zur Zufriedenheit aller geregelt zu haben. Robert und Marika lebten wieder zusammen und seinem Vater schien es wieder besser zu gehen. Kalle war in Marikas Appartement gezogen. So war er selbständig, unabhängig und unbeobachtet.
Seit zwei Wochen arbeitete er in seinem neuen Job, und wenn er ehrlich war, musste er gestehen, dass es eine gravierende Umstellung war. Er hatte seinem Körper schon längere Zeit nichts mehr abverlangt, und der reagierte in den ersten Tagen mit gewaltigem Muskelkater. Aber Kalle hatte sich schnell an die körperlich schwere Arbeit gewöhnt.
Viel schwieriger war es für ihn, mit seiner Psyche klarzukommen. Er hatte Carmen geschrieben, dass er keine Antwort von ihr erwartete, aber er hoffte tagtäglich, eine Nachricht von ihr zu erhalten. Doch diese traf nicht ein. Selbst Alex und Petra hatten nichts mehr von Carmen gehört, und Petra hatte ihre Schwester nicht einmal auf dem Handy erreichen können, als sich ihr Vater erneut in lebensbedrohlicher Lage befand.
Kalle war am Boden zerstört zumal er befürchtete, dass Carmen wieder mit Markus zusammen war. Dieser Bayern-Depp schien ihm immer eine Nasenlänge voraus zu sein.
Kalle verrichtete jeden Tag seinen Job bei der Möbelfirma und abends betrank er sich sinnlos. Er schwor sich, damit aufzuhören, wenn Carmen von sich hören ließ.
Am Samstag besuchte er seinen Vater und Marika. Sie freuten sich über seinen Besuch, doch an Marikas traurigem Blick konnte er erkennen, was er selbst wusste, dass er nicht glücklich war. Sein Vater verhielt sich ihm gegenüber sehr diskret und unnahbar. Befürchtete er etwa, dass er ihm auch Marika ausspannen würde?
Dennoch konnte es Kalle seinem Vater nicht verübeln, derartige Gedanken zu hegen. Er hatte guten Grund dazu.
Kalles nächster Lichtblick war die Taufe der Zwillinge. Dann würde er Carmen wiedersehen, denn auch sie sollte Kais Taufpate sein. Einmal mehr wurde ihm klar, was für ein Idiot er gewesen war, Carmen zu betrügen. Er war an dem Punkt angelangt, an dem er sich fragte, was sein Leben ohne Carmen überhaupt noch für einen Sinn haben sollte.

© Ingrid Hartung