Es war wie ein Wunder. Nicht einmal zwei Wochen, nachdem sie ihre Bewerbung weggeschickt hatte, erhielt Carmen eine Einladung von der Bücherei in Grafing zu einem Vorstellungsgespräch. Ihre Eltern waren über diese sich eventuell anbahnende Veränderung wenig begeistert. Ihre Mutter brach sogar in Tränen aus bei dem Gedanken, auf beide Mädchen in naher Zukunft für einen längeren Zeitraum verzichten zu müssen. Und wie sollte Carmen, die nach der großen Enttäuschung über Kalle und den schmerzlichen Verlust des ungeborenen Kindes immer noch einen sehr deprimierten Eindruck hinterließ, allein unter völlig fremden Menschen auf so eine große Entfernung von Zuhause zurecht kommen? Und das auch noch im ländlichen Oberbayern, wo Fremde nur schwer akzeptiert wurden, wie sie glaubte, gehört zu haben. "Aber Mama, du hast mir doch alles beigebracht, was ich können muß, um ein selbständiges Leben zu führen. Und außerdem bin ich nicht aus der Welt. Und ich will ja auch nicht weg von euch. Ich kann es nur nicht ertragen, Kalle weiterhin zu begegnen. Das müßt ihr doch begreifen!" Das verstanden sie natürlich. Sie wußten, dass Kalle in den letzten Tagen unzählige Male angerufen hatte, aber Carmen war nicht ans Telefon gegangen. "Ich bin für Kalle nicht zu sprechen!", hatte sie jedem gesagt, der den Hörer abnahm. Er hatte auch einige Male vor der Tür gestanden, Carmen hatte nie geöffnet, wenn es klingelte, und sie wies alle an, ihn wegzuschicken. Vor zwei Tagen hatte er ihrer Mutter einen Brief für Carmen in die Hand gedrückt, doch Carmen hatte ihn nicht einmal geöffnet. Ihren Eltern war bewußt, wie sehr Carmen unter dieser Situation litt und das war wohl auch der ausschlaggebende Grund dafür, dass sie Carmen erlaubten, zu dem Vorstellungsgespräch zu fahren. Allerdings nur unter einer Bedingung. Sie wollten sie begleiten, was Carmen sehr freute, denn ein wenig Angst überkam sie doch, wenn sie bedachte, diesen Sprung ins kalte Wasser allein zu wagen. Außerdem konnte sie die moralische Unterstützung ihrer Eltern gut gebrauchen und wenn es wirklich mit dem Job klappte, gab es auch noch einige organisatorische Dinge vor Ort zu regeln. Sie wagte gar nicht daran zu denken. Es wäre einfach zu schön, um wahr zu sein.
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